Der Nahverkehr wird wieder entdeckt

Die Umweltbelastungen durch den Autoverkehr führen Anfang der 80er Jahre zu einem Umdenken. Überall entwickeln sich Initiativen, die auf eine Verbesserung des Nahverkehrs drängen. Eine Reihe von Kommunen beginnen, mit Ihren Verkehrsbetrieben Konzepte zu entwickeln, um den Nahverkehr attraktiver zu machen. Bielefeld stellt die Weichen für ein neues StadtBahn-Konzept.


Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre beginnt ein Umdenken. Der Prozess fällt nicht zufällig mit dem Aufkommen der Ökologiebewegung zusammen. Der fast ungehemmt wachsende Autoverkehr wird zunehmend als Umweltbelastung wahrgenommen: die Hauptprobleme sind der Flächen- und Ressourcenverbrauch, der Lärm und die Abgase. Bereits 1973 während der ersten Ölkrise sind die Sonntagsfahrverbote  für viele Menschen ein Aha-Erlebnis – es geht auch ohne die ständige Autonutzung, verloren gegangene Lebensräume und eine wohltuende Ruhe werden wieder entdeckt.


Anfang der 80er Jahre  entwickeln sich an vielen Orten in der BRD Initiativen, die auf eine Verbesserung des Nahverkehrs drängen. Eine Reihe von Kommunen  beginnen, mit ihren Verkehrsbetrieben offensive Konzepte für eine Verbesserung des Nahverkehrs zu entwickeln – sie kommen „aus der Defensive in die Offensive“.


1982 schließen sich in Bielefeld engagierte Bürger in der „Initiative für besseren Nahverkehr“ (IfbN) zusammen. Die Initiative arbeitet aktiv und konstruktiv-kritisch mit den Stadtwerken zusammen. Sie entwickelt Konzepte für einen zukunftsorientierten ÖPNV. Zahlreiche Verbesserungen in Bielefeld gehen auf sie zurück. 1987 verleiht die Stadt Bielefeld der IfbN für ihr Engagement den Umweltpreis.


Eine wichtige Vorbildrolle spielt die Schweiz, die es mit attraktiven Bus- und Bahnkonzepten verstanden hat, der Auszehrung des Nahverkehrs zu entgehen.


Ein Meilenstein ist 1984 die Einführung eines Umwelttickets in Freiburg: mit einem übertragbaren Monatsticket zu einem sehr attraktiven Preis können alle Busse und Bahnen in Freiburg genutzt werden. Freiburg folgt damit dem Beispiel Basels. Auf Anhieb werden 3000 Umsteiger vom Auto auf Bus und Bahn gewonnen. In den 10 Jahren von 1982 bis 1992 kann Freiburg seine Fahrgastzahlen im ÖPNV um mehr als 60% steigern. Bremen folgt 1986 dem Freiburger Beispiel und führt die „Bremer Karte“ ein, mit ähnlich gutem Erfolg. In Bielefeld wird ein Umweltabo in Anlehnung an Freiburg und Bremen im Jahre 1988 eingeführt.


Parallel zur Einführung besserer Tarife werden auch innovative Maßnahmen zur Beschleunigung des Nachverkehrs umgesetzt. Basel und Freiburg sind wiederum Vorreiter. Sie führen die Bevorrechtigung von Bussen und Straßenbahnen an den Ampelkreuzungen ein: Busse und Bahnen können mittels moderner Technik „ihr Grün“ anfordern. Diese Bevorrechtigung gegenüber dem Autoverkehr kommt einer kleinen Revolution gleich.


In den 80er Jahren stehen in Bielefeld die Vorbereitungen auf die Einführung der neuen StadtBahn mit dem Tunnel im Zentrum. Politisch werden die Weichen für den Tunnelbau 1975 gestellt. Der Baubeginn erfolgt dann 1977.

Schon ab 1981 beginnt die Auslieferung einer Serie neuer Stadtbahn-Wagen, die technisch auf das neue Stadtbahnsystem mit Hochbahnsteigen ausgerichtet sind. Der Bau von Hochbahnsteigen an den oberirdischen Streckenabschnitten beginnt. 1984 greifen die Gremien der Stadt den Vorschlag der Stadtwerke auf, auch in Bielefeld ein Beschleunigungsprogramm durch Vorrangschaltungen bei dem Lichtsignalanlagen umzusetzen, zunächst für die Stadtbahn, dann auch für einige Buslinien an besonders kritischen Punkten. Viele Details finden sich in der StadtBahn-Chronik von moBiel (PDF zum Download).


Ein großes Problem der 70er Jahre, nämlich die Tarifvielfalt bei den unterschiedlichen Busunternehmen, wird in den 80er Jahren angegangen. 1980 schließen sich die Stadtwerke, der Bahnbus und der Postbus zu einer Tarifgemeinschaft VOW zusammen. Die VOW wird in den Folgejahren auf weitere Busunternehmen ausgeweitet.


Die Szene der Busunternehmen wird übersichtlicher, als 1983 Postbusse und Bahnbusse in dem Geschäftsbereich Bahnbus der DB zusammengefasst werden. 1989 schließlich wird dieser Geschäftsbereich in die eigenständige Tochtergesellschaft „BVO Busverkehr Ostwestfalen GmbH“ überführt. Neben Bielefeld werden die Kreise Gütersloh, Herford, Lippe und Minden-Lübbecke bedient. Im Oktober 2008 wird für die beiden Ostwestfälischen Verkehrsunternehmen eine Dachmarke eingeführt, damit auch nach außen die Zugehörigkeit zur DB AG sichtbar wird. Seither firmieren die BBH Bahnbus Hochstift GmbH für die Kreise Paderborn und Höxter und BVO unter dem Angebotsnamen DB Bahn Ostwestfalen-Lippe-Bus. Handelsrechtlich bleiben beide als eigenständige Gesellschaften bestehen. Die BVO beschäftigt aktuell (2009) über 300 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und verfügt über einen Fuhrpark von ca. 240 Bussen.